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[UPDATE] Würdige Mahn- und Gedenkveranstaltung mit nicht tolerierbarem Nachspiel

Am vergangenen Dienstag, den 15.02.2011, nahmen mehr als 1.000 Cottbuser an einer Mahn- und Gedenkveranstaltung des Vereins „Cottbuser Aufbruch“ teil, um dem 66. Jahrestag der Bombardierung der Stadt Cottbus zu gedenken. Zeitgleich nutzen allerdings auch etwa 200 Rechtsextremisten diesen Tag, um ihn mit einem „Gedenkmarsch“ für ihre Zwecke zu nutzen.  Die Piratenpartei Cottbus rief im Vorfeld ausdrücklich zur Teilnahme an der Mahn- und Gedenkveranstaltung an der Lutherkirche Cottbus auf. Wir begrüßen es, dass so viele Cottbuserinnen und Cottbuser an der Mahnveranstaltung teilnahmen und auf die Weise für ein buntes und weltoffenes Cottbus einstanden. Wir möchten uns ausdrücklich beim Verein „Cottbuser Aufbruch“ und allen anderen Beteiligten für die gelungene Organisation und die würdige Durchführung der Mahn- und Gedenkveranstaltung bedanken!

Aus Sicht der Piratenpartei Cottbus kam es allerdings, nachdem die Rechtsextremisten gegen 19:10 Uhr die Lutherkirche passiert hatten, zu einer nicht tolerierbaren Situation abseits der Mahn- und Gedenkveranstaltung: Zwei Piraten verließen dabei den Lutherplatz über die Lutherstraße und die Straße der Jugend nach Süden. Gegen 19:15 Uhr erreichten die beiden Piraten das „Breithaus“, also die Kreuzung der Straße der Jugend und der Eilenburger Straße. Ein Überqueren der Eilenburger Straße war aufgrund eines massiven Polizeieinsatzes und einer zu diesem Zeitpunkt stattfindenden Blockade allerdings nicht möglich. Nach wenigen Minuten Anwesenheit der beiden Piraten auf dem Gehweg des Areals, durften überraschend keine Personen mehr den Kreuzungsbereich verlassen – dies wurde durch einen Polizeiring sichergestellt. Mittels einer Durchsage wurden die etwa 50 bis 70 „eingekesselten“ Personen darauf hingewiesen, dass allen ein Platzverweis erteilt und die personenbezogenen Daten ermittelt werden. Auf Rückfrage erhielt ein Pirat die Auskunft, man sei potenzieller Störer, weil man sich ja auch auf die Straße setzen könnte. Gegen 21:30 Uhr wurden dann die beiden betroffenen Piraten nacheinander von Polizeibeamten zu einem Einsatzfahrzeug geleitet. Neben dem Hinweis, dass man einer Straftat verdächtigt wird, wurde der Personalausweis auf Video erfasst und beide Betroffenen von allen Seiten videografiert – laut anwesender Polizeibeamten, „um die Beteiligung an einer Straftat auszuschließen“. Beide Piraten erhielten einen Platzverweis bis zum nächsten Morgen und müssen nun offenbar mit einer entsprechenden Anzeige rechnen.

Emanuel Schach, Anwalt und Mitglied der Rechtsabteilung der Piratenpartei Deutschland erklärt zu dem Vorfall: „Das Vorgehen der Polizei ist meines Erachtens fernab des rechtlich Zulässigen. Erkennungsdienstliche Behandlungen – um nichts anderes handelt sich bei der Videografierung – sind nach dem Strafprozessrecht nur zulässig, wenn die betreffende Person zumindest einer Straftat verdächtig ist. Dies ist aber kein abstrakter Vorgang, es muss hierfür eine konkrete Straftat vorliegen. Alleine die rein hypothetische Möglichkeit, dass eine Straftat begangen werden könnte kann dazu nicht ausreichen. Daher erachte ich das Vorgehen als willkürlich und damit eine völlig unzulässige Einschränkung der Grund- und Bürgerrechte der betroffenen Demonstranten.“

Die Piratenpartei Cottbus erklärt, dass sie sich entschieden gegen jegliche Form von Extremismus stellt, aber auch im aktuellen Fall nur Aktionen gegen Rechtsextremismus unterstützten, die die Versammlungsfreiheit nicht behinderten. Dazu gehört insbesondere, dass wir auch denjenigen politischen Gruppierungen das im Artikel 8 des Grundgesetzes verankerte Demonstrationsrecht zugestehen, deren Ansichten den unseren entschieden widersprechen. Daher kam die Blockade einer genehmigten Demonstration für uns PIRATEN nicht in Betracht. Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind unserer Meinung nach immer auch die Freiheit der anderen. Die verqueren Ansichten und absurden politischen Forderungen des rechten Spektrums durften jedoch nicht unwidersprochen im Raum stehen, weshalb wir unsere Mitglieder dazu aufriefen, friedlich an Gegendemonstrationen teilzunehmen um ihre Meinung ebenso kundzutun. Die betroffenen Mitglieder der Piratenpartei Cottbus erklären, dass sie nach diesem Grundsatz gehandelt haben und missbilligen die ungerechtfertigte fast zweieinhalbstündige Festsetzung auf offener Straße zur kalten Jahreszeit und die erkennungsdienstliche Behandlung durch die Polizei aufs Schärfste.

[UPDATE 20.02.2011]: Dieser Brief wird am morgigen Montag durch die zwei betroffenen Piraten an den zuständigen Leiter des Polizeischutzbereiches gesendet, um sachliche Kritik zum dargestellten Polizeieinsatz zu äußern.

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